Umgang mit Fehlern in Transformationen – Teil 1
Gerade las ich einen Online-Artikel, in dem es mal wieder über das „Versagen der Bundesregierung“ oder besser gesagt, des Gesundheitsministers bei der Bewältigung der Coronakrise in Deutschland geht. Natürlich berührt mich das Thema. In meiner Rolle als Arbeitgeber mache ich mir Gedanken, wie unser häufig auf den persönlichen Kontakt und Vertrauen aufbauendes Geschäft unter den fortwährenden Beschränkungen leidet und was wir als Unternehmen kompensatorisch tun können. Umso mehr schaue ich auf jede politische Entscheidung, auf jedes Zögern und auf die Kennwerte, die zu einer schrittweisen Lockerung avisiert sind. Dabei wird auch ein gewisser Umgang mit Fehlern deutlich.
Dieses Warten und Schauen auf die Entscheider erinnert mich sehr an Veränderungen und Transformationen, denen wir als Organisationsentwickler:innen begegnen und sie teils auch begleiten. So nehmen wir im Treffen mit einem Soundingboard oder bei Einbezug der Mitarbeitenden ebenso Kopfschütteln, Enttäuschung und Ärger wahr, dass kein klarer Kurs oder eine verlässliche Umsetzung spürbar sind. Dabei wird auch deutlich, dass sich eine Mehrzahl der Mitarbeitenden einen rücksichtsvollen und lernorientierten Umgang mit Fehlern ihrerseits wünschen. Feedback, eine konstruktive Fehlerkultur und immer wieder der Fokus auf das gemeinsame Ziel sind zweifellos auch wichtige Veränderungstreiber. Gleichzeitig fehlt häufig dieses Verständnis bei Mitarbeitenden, wenn es um Fehler des Managements geht. Hier wird eine Fehlerfreiheit vorausgesetzt, ebenso wie ein „die müssen doch wissen, was sie wollen“ i.S. eines klaren Umsetzungsplans. Ausprobieren, Reflektieren, Experimentieren sind ganz offenbar förderliche Verhaltensweisen und entspringen einer modernen Haltung in komplexen, dynamischen Arbeitsumfeldern. Doch darf sich dieser Muster auch die Geschäftsführung oder eine Bundesregierung bedienen?
Ausprobieren und iterative Schleifen beim Lösen komplexer Probleme entbinden die Entscheider nicht ihrer Verantwortlichkeiten, denn das würde zu einem risikoaffineren Verhalten verleiten, dass der Tragweite der Herausforderungen nicht gerecht wird.
Wie sieht nun ein kompetenter Umgang mit Fehlern in komplexen Lagen aus?
In erster Linie sind wir in der Transformationsbegleitung als Berater:innen sehr dankbar, wenn wir dieses Thema hierarchieübergreifend offen thematisieren können. Das ist ein erster, wichtiger Schritt. So wird etwas explizit, was sonst latent und wie ein Elefant im Raum steht. Es erleichtert die Verantwortungsträger und nimmt ihnen etwas Last von den Schultern, wenn ihnen auch Fehler oder in Einzelfragestellungen sogar ein Scheitern zugestanden wird. Dafür braucht es ein paar Voraussetzungen, auf die ich beispielhaft im Folgenden eingehen möchte:
- Mache einen Unterschied, in dem Du Irrtümer und Fehler trennst.
- Übe Dich im Feedbackgeben und vor allem dem Annehmen.
- Starte bewusste Experimente und werte diese strukturiert aus.
1. Fehler oder Irrtum?
In einer komplexen, dynamischen Arbeitswelt, in der wir Neuem und teils auch Widersprüchlichem begegnen, ist es ausgeschlossen, dass alles glatt und wie geplant läuft. Das erfordert dennoch, dass eine intensive Beschäftigung mit der Herausforderung und dem Vermeiden von Fehlern durch z. B. eine gute Vorbereitung, einen kollegialen Austausch oder einem intelligenten Antizipieren von Risiken erfolgen muss.
Da es in diesen Arbeitswelten jedoch nicht „das Best-Practice“ gibt, kommt man irgendwann nicht umhin, etwas auszuprobieren und im Handeln festzustellen, was wirklich funktioniert. So ist heute kaum noch vorstellbar, wie Dienstleistungen und Produkte bspw. ohne die frühzeitige Einbindung von Kunden erfolgreich entwickelt werden können. Und dabei werden Irrtümer auftreten, also die Feststellung, dass eine zu einem früheren Zeitpunkt getroffene Entscheidung aus der jetzigen Perspektive als falsch bewertet werden muss. Der Unterschied zum Fehler ist dabei jedoch, dass auch eine gründlichere Vorbereitung nicht zu einer anderen Einschätzung geführt hätte. Dazu brauchte es die Erfahrungen oder beispielsweise den realen Kundenkontakt.
Ein wunderbares Zitat von Laurence Johnston Peter lautet hier: „Fehler vermeidet man, indem man Erfahrung sammelt. Erfahrung sammelt man, indem man Fehler macht.“
Einen starken unternehmerischen Impuls erhielten wir über die Arbeiten von Saras D. Sarasvathy zu Unternehmern und deren „Erfolgsmodell“. Der Effectuation–Ansatz stellt sich auf eine sehr dynamische, ungewisse Zukunft ein, in der Komplexität herausfordert, die Ziele verhandelbar bleiben und sich ständige Veränderungen ergeben. Zudem macht eine vieldeutige Informationslage es unmöglich, einem vorab geplanten Weg stringent zu verfolgen.
Frau Sarasvathy empfiehlt dem intuitiven Muster erfolgreicher Unternehmer zu folgen, in dem auf Basis verfügbarer Mittel gehandelt wird. Ausgehend von einem klaren Selbstbewusstsein und schonungslosen Einschätzungen eigener Möglichkeiten steht zu Beginn auch die Frage, mit wem in meinem Netzwerk will ich zusammenarbeiten? Hier geht es um das Einbringen verschiedener Mittel, Erfahrungen und Möglichkeiten. Statt nun einen Businessplan zu konstruieren, ist vielmehr das Definieren eines leistbaren Verlusts wichtig, an dem sich machbare Schritte orientieren. Dieser Betrag oder ein definiertes Risiko sind orientierungsgebend und gleichzeitig ein disziplinierender Erfolgsfaktor.
Der Ansatz beschreibt auch, wie sich der Fokus auf das Nutzen von Zufällen, den Umgang mit Fehlern und Unfällen im Sinne einer zu ergreifenden Chance verschiebt. Während klassisches Management eher versucht, aufwändig genau diese Punkte zu vermeiden.
Wir haben bei compleneo Consulting mit NEOtransition einen Prozess entwickelt, ie co-kreativ und kompetenzsteigernd Transformationen in Organisationen gelingen können. Dabei geht es wie im Blogbeitrag beschrieben auch um einen kompetenten Umgang mit Fehlern.
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