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Kooperation – erlernt oder angeboren? Oder: Ist es naiv, an das Gute im Menschen zu glauben? 

Kooperation und Vertrauen sind in uns Menschen angelegt, werden aber durch das ewige Narrativ von Egoismus und Argwohn beschädigt. Dagegen sollten wir uns etwas tun. 

Naiver Träumer, grundloser Optimist oder seit kurzem „Gutmensch“: damit werden mitunter Menschen bezeichnet, die an das Gute im Menschen glauben und überzeugt sind, dass Kooperation und Altruimus wichtiger sind als Konkurrenz und Egoismus. Der Begriff „Gutmensch“ schaffte es im Jahr 2015 sogar zum Unwort des Jahres, denn, so die Begründung, „mit dem Vorwurf ‚Gutmensch‘, ‚Gutbürger‘ oder ‚Gutmenschentum‘ werden Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd, als Helfersyndrom oder moralischer Imperialismus diffamiert.“
Demnach bin ich wohl ein Gutmensch! Jedenfalls habe ich mir das in Diskussionen schon mehrfach anhören müssen, was nicht etwa positiv gemeint war. Wobei sich mir nie erschloss, ob mein Gegenüber sich selbst lieber als „Schlechtmensch“ bezeichnen würde, was die logische Konsequenz wäre. Doch darum geht es mir heute nicht, auch wenn es zu semantischen Spielereien einlädt. Vielmehr geht es mir um den Mehrwert von Kooperation, Freundlichkeit und ihre Bedeutung für unser Zusammenleben und unseren Erfolg, privat wie auch im Beruf. 

Kooperation

Anlass ist ein Buch, dass mir die Frau, mit der ich mein Leben teile, vor ein paar Tagen geschenkt hat: „Im Grunde gut“ von Rutger Bregmann. Darin geht der Autor der Frage nach, ob Menschen grundsätzlich – also ohne den Einfluss von Zivilisation, Gesetzen und Strafverfolgung – von Egoismus und Argwohn angetrieben werden oder von Vertrauen und Kooperation. Bregmanns Antwort ist ganz klar: Letzteres! Und dafür liefert er in seinem Buch viele Hinweise und Belege.  

Das ist deswegen bemerkenswert und erstaunlich, weil Bregmanns zugleich darlegt, an wie vielen Stellen unsere Zivilisation in Gesellschaft und Wirtschaft vom Gegenteil auszugehen scheint. Überall in unserem Alltag begegnen uns Regeln, Sanktionen beim Überschreiten dieser Regeln und eine enge Überwachung. Demnach scheint die Annahme vorzuherrschen, dass kaum jemand freiwillig und ohne Überwachung im Sinne der Gemeinschaft handeln würde. Schon das Schulsystem scheint vom Glauben geprägt, dass nur durch Druck (durch Tests und Noten) die Schüler zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft geformt werden können. Und auch bei den meisten Unternehmen werden aufwändige Versuche unternommen, Commitment und Engagement durch Bonifizierungen und Prämierungen abzusichern oder durch Anweisung und Kontrolle die Zielerreichung zu erzwingen. Zu selten wird den Menschen zugetraut, eine gute Leistung von sich aus zeigen zu wollen, neugierig und offen zu sein, gern zu kooperieren und sich ihren Beruf mit Bedacht ausgesucht zu haben.  

Medien und Politik spielen verfestigen das pessimistische Menschenbild. Schlechte Nachrichten und der Blick auf menschliche Abgründe erzielen mehr Aufmerksamkeit als „gute Informationen“. Das funktioniert, weil es für uns Menschen überlebenswichtig war und ist, Bedrohungen schnell wahrzunehmen und ihnen Priorität gegenüber Bestätigungen, Positivem oder Alltäglichem einzuräumen. Die weltweite Vernetzung und Zugänglichkeit zu Informationen führt aber zu einer Menge an schlechten Nachrichten, auf die wir nicht gut vorbereitet sind und mit denen wir nicht umgehen können: ein schwerer Unfall oder eine Greueltat in einem fernen Land sind schlimm, können von uns jedoch nicht beeinflusst werden und haben auch keine Auswirkung auf uns außer der, dass sie unser Menschenbild nachhaltig zum Negativen verändern. Sie erzeugen Verzerrungen in unserer Wahrnehmung und der Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten und Bedrohungslagen. Manche reagieren darauf mit Wut, Ängstlichkeit, Rückzug, der Suche nach Schuldigen und dem Wunsch nach einem Retter oder, seltener, einer Retterin. Andere resignieren, stumpfen ab, werden weniger sensibel auch gegenüber furchtbaren Ereignisse in ihrem näheren Umfeld und wieder andere entkoppeln sich vollständig und meiden jeglichen medialen Konsum. Diese Phänomene machen sich auch zunehmend dubiose Personengruppen zunutze und versuchen Macht und Einfluss darüber auszubauen.  

Kooperation und Vertrauen

Was können wir tun? 

Wir können Vertrauen wagen, Kooperation anbieten und sie auch selbst suchen – so oft und bei so vielen Gelegenheiten wie möglich! Dabei haben wir allen Grund, optimistisch zu sein: Wenn Argwohn und Egoismus die Basis unserer Natur wären, dann würden wir uns in ebenso einer Gesellschaft wohl fühlen oder wir wären Einzelgänger. Das scheint für die meisten Menschen und Gesellschaften jedoch nicht der Fall zu sein. Also muss es wohl auch in unserer Menschheitsentwicklung einen Vorteil gebracht haben, mitfühlend-altruistisch sowie kooperativ zu handeln und zumindest vielen Menschen auch vertrauen zu können. Offensichtlich sind also viele unserer präferierten Verhaltensweisen von Kooperation und Vertrauen geprägt und nicht vom Gegenteil. (Viele weitere Gründe für eine optimistische Haltung erläutert Rutger Bregmann in seinem Buch, das ich an dieser Stelle nur jedem empfehlen kann. Und er nennt diese Haltung übrigens „realistisch“ und nicht „optimistisch“; denn wer hätte den Pessimisten jemals erlaubt, ihre Sicht als Maß der Dinge, als „realistisch“ zu definieren?)  

Wir können in den meisten alltäglichen Situationen davon ausgehen, dass unser Gegenüber es im Allgemeinen nicht böse meint, sondern dass hinter seinem Verhalten ein Grund liegt, den ich verstehen kann. Auch dann, wenn ich diesen Grund nicht teile oder sein Verhalten nicht schätze. Das ist kein Plädoyer für naive Sorglosigkeit; im Gegenteil, Selbstschutz finde ich wichtig! Er erfordert jedoch nicht, mein Gegenüber zu abzuwerten oder vor-zu-verurteilen. Wenn ich das vermeiden kann, steigt die Chance auf zukünftige Kooperation und den Aufbau von Vertrauen. Dadurch steigt wiederum perspektivisch meine eigene Sicherheit . Im Gegensatz zur negativen Bewertung kann so ein Engels- anstatt eines Teufelskreises und der negativen selbsterfüllenden Prophezeiung entstehen. 

Vor allem sollten wir Erzählungen kritisch bewerten, die Menschen generell egoistisch und argwöhnisch darstellen. Egal, ob diese Erzählungen als Kriegsrhetorik daherkommen, als vermeintlich wissenschaftliche Theorie wie die vom Homo Ökonomicus oder bei privaten oder beruflichen Gesprächen geäußert wird. Unwidersprochen kann aus ihnen eine selbsterfüllende Prophezeiung und Haltung werden, die umso wirksamer wird, je mehr ihr glauben. Ist diese erst manifestiert, wird es schwierig gegen sie anzukommen. Das ist doppelt ungünstig, weil die komplexer werdenden Herausforderungen unserer Zeit schon längst nicht mehr durch einzelne Held:innen gelöst werden können. Erst recht, wenn diese eine Kultur der Konkurrenz leben.  

Die Zukunft werden wir besser gemeinsam bewältigen, durch Kooperation und in gegenseitigem Vertrauen. So wie wir es in vielen Jahrtausenden zuvor bereits bewiesen haben. 

 

Naivling, Gutmensch, Realist, Pessimist – egal! Schreibt mir, wie wir die Welt retten können! 😉 

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