+49 (0)331 279 755 00 info@compleneo-consulting.de

Resilienz in Organisationen als Balanceakt

Erfolgreich das Gleichgewicht halten mit dem NEOresilienz® Modell

Organisationale Resilienz wird oft als Gruppe von Merkmalen verstanden, die Organisationen ausweisen müssen, wenn sie resilient, also widerstandsfähig im Umgang mit Krisen sein wollen. Je höher ausgeprägt diese Kriterien sind, so die Annahme, desto resilienter die Organisation. Müssen also nur die richtigen Kriterien identifiziert und dann zu einer hohen Ausprägung getrieben werden? Die Erfahrung lehrt: So funktioniert es nicht. Weitaus vielversprechender ist es, organisationale Resilienz als dynamisches Gleichgewicht zu verstehen, das zwischen komplementären Qualitäten einer Organisation immer wieder neu hergestellt werden muss. In meinem Blog beschreibe ich, wie dies mit Hilfe des NEOresilienz® Modells gelingen kann.

Ziel: Resilienz in Organisationen erhöhen

Angesichts der vielfältigen aktuellen und zu erwartenden Krisen sind viele Organisationen daran interessiert, ihre organisationale Resilienz zu verbessern und sich dadurch krisenfest(er) aufzustellen. Doch wie genau geht das, was ist zu tun, was ist zu lassen?

Diskussionen über Resilienz, egal ob individuelle oder organisationale, erwecken häufig den Eindruck, als handele es sich um etwas Statisches, um eine Qualität, die erreicht werden kann und mit deren Erreichung sich die Organisation als angemessen krisenfest betrachten kann. Nach dieser Denkweise wäre organisationale Resilienz als Cluster betrieblicher Qualitäten zu verstehen, für die es gilt, eine bestimmte Ausprägung zu erreichen.

Einseitige Maßnahmen können mehr schaden als nutzen

Leider greift eine solche Betrachtung nach unserer Erfahrung zu kurz. Zwar trifft es zu, dass viele Organisationen den Bedarf haben, bestimmte Qualitäten zu stärken, wie z.B. Flexibilität, Experimentierfreude oder auch Lernorientierung. Doch allzu oft geht eine solche Stärkung mit der Vernachlässigung oder sogar Geringschätzung von komplementären Qualitäten einher (in diesem Fall z.B. Standardisierung, Qualitätsstreben und Zielorientierung). Diese sind für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg aber ebenfalls wichtig, und wer sie vernachlässigt, läuft Gefahr, seine organisationale Resilienz mittel- und langfristig nicht zu erhöhen, sondern sogar zu schwächen.

Bloß: Was heißt das ganz praktisch? Wo und wie kann ich als Unternehmer:in ansetzen, um mein Unternehmen resilienter zu machen? Denn ich kann und will ja weder tatenlos bleiben noch an allen Ecken zugleich angreifen?

Genau für diese Frage haben wir das NEOresilienz® Modell entwickelt. Es bietet im Vergleich zu anderen Resilienzmodellen drei entscheidende Vorteile:

  1. Es begreift organisationale Resilienz nicht als zu erreichenden (End-)Zustand, sondern als dynamisches Gleichgewicht, das immer wieder neu ausbalanciert werden muss.
  2. Es benennt sehr konkret 12 betriebliche Qualitäten, die einen starken Einfluss auf die organisationale Resilienz haben.
  3. Es stellt diese 12 Qualitäten in komplementären Paaren auf und ermöglicht so, ganz gezielt Disbalancen zu vermeiden: Wenn ich mich entscheide, eine bestimmte Qualität zu stärken, muss ich deswegen nicht ständig ALLE anderen im Blick haben, sondern kann mich zunächst darauf beschränken, EINE, nämlich die komplementäre Qualität zu überwachen.

Das werde ich im Weiteren näher erklären.

Resilienz in Organisationen als Balance zwischen vier Quadranten

In unserem NEOresilienz® Modell fassen wir organisationale Resilienz als fortwährende Ausbalancierung im Rahmen von vier Handlungsmustern auf: 1. Antizipieren, 2. Umsetzen, 3 Prüfen und 4. Anpassen. Diesen Handlungsmustern ordnen wir vier Kompetenzfelder zu, die uns für eine organisationale Resilienz wichtig erscheinen: Innovationsvermögen, Handlungsorientierung, Wissensanwendung und Beziehungsorientierung.

hybride Arbeitswelt

Anders ausgedrückt: Das Innovationsvermögen eines Unternehmens zeigt sich vor allem darin, wie gut es antizipieren kann. Denn Innovation im Unternehmenskontext bedeutet genau das: Herausforderungen möglichst früh erkennen, z.B. auch durch eine gute Vernetzung, um flexibel auf sie reagieren und neue Wege ausprobieren zu können. Handlungsorientierung zeigt sich darin, wie gut umgesetzt wird, also Produkte zielorientiert und gegen Widerstände an den Markt gebracht werden. Um Geld zu verdienen, reicht es jedoch nicht, wenn ein Unternehmen Innovationen schafft und Produkte herstellt. Notwendig ist vielmehr eine Skalierung, und dazu muss das Unternehmen sein Wissen anwenden: um zu prüfen, Qualität zu sichern, Exzellenz zu erzeugen und zu standardisieren. Und auch das alles führt nur dann zum Erfolg, wenn die Beziehungen zwischen den Menschen im Unternehmen gut gestaltet werden, damit sie zusammenarbeiten, Anstrengungen kompensieren können und offen für Lern- und Entwicklungsmomente sind.

Jedes Kompetenzfeld wird in bestimmten Phasen und bei spezifischen Herausforderungen auf ganz besondere Art und Weise gefordert. Organisationale Resilienz ist somit nach unserer Überzeugung die Fähigkeit von Unternehmen, sowohl in Zeiten der Unsicherheit als auch in Krisen ein dynamisches Gleichgewicht zu realisieren, ohne an Kipppunkte zu geraten. Durch gezielte Aktivitäten zum Ausbalancieren kann eine Krise bewältigt werden. Im Nachhinein tragen die gemeinsamen neuen Erfahrungen zu einer nachhaltigen Stärkung des Systems bei.

Noch gezieltere Aktionen zur Ausbalancierung werden möglich, wenn wir auf die Tiefenstruktur des NEOresilienz® Modells schauen. Dazu dient die folgende Grafik:

Neoresilienz_modell_3

Organisationale Resilienz als Balance zwischen komplementären Qualitäten

Jeder Quadrant in unserem Modell wird also durch drei Qualitäten operationalisiert. Diese sind nicht zufällig angeordnet. Vielmehr stehen sich auch auf dieser Ebene jeweils die Qualitäten gegenüber, die sich stark komplementär verhalten. Auf diese Weise bilden sich sechs Paare mit einander gegenüberstehenden Eigenschaften:

Lernorientierung vs. Zielorientierung: Lernen bedeutet, sich auf Unsicherheit einzulassen, Dinge in Frage zu stellen, um neue Sichtweisen und Lösungsansätze zu entdecken. Zielorientierung dagegen bedeutet, das bereits Gelernte stringent anzuwenden, um zu einem angestrebten und vereinbarten Ergebnis zu kommen. Beide sind nicht gleichzeitig erreichbar, aber weder das eine noch das andere kann längere Zeit ohne Schaden vernachlässigt werden.

Produktivität: Jeder weiß, wenn ein Team sich um sich selbst, um seine Zusammenarbeit kümmert, dann ist es in diesem Moment nicht so produktiv wie zu anderen Zeitpunkten. Und Produktivität ist die Existenzberechtigung eines Teams, ohne sie wird Zusammenarbeit obsolet. Zugleich kann aber die Produktivität langfristig auch dann in erheblichem Maß sinken, wenn sich das Team zu wenig um seine Zusammenarbeit und seine innere Verfassung kümmert. 

Kompensation vs. Widerstandskraft:

Widerstandskraft bedeutet, an einem Ziel dran zu bleiben, auch wenn das mich, das Team, die Organisation etwas kostet. Widerstandskraft ist jedoch eine endliche Ressource, die Phasen der Kompensation benötigt, in denen sie sich wieder aufbauen kann.

Flexibilitität vs. Standardisierung: Flexibilität ist notwendig, um in veränderlichen Situationen jeweils die angemessenste Reaktionsmöglichkeit auswählen zu können. Wird sie zum Wert an sich, bedroht sie jedoch die Effizienz und Skalierungspotenziale, die in der Standardisierung liegen.

Vernetzung und Exzellenz: Es gehört zum Streben fast jedes Unternehmens sowie jedes Menschen, in irgendeinem Bereich Exzellenz zu entwickeln, also besser zu sein als viele (die meisten) andere. Wer jedoch allzu eifersüchtig die eigenen Kenntnisse und Fertigkeiten geheim hält, verpasst die Chancen, die in der Vernetzung, der Öffnung gegenüber anderen liegen.

Experimentierfreude vs. Qualitätsstreben: Natürlich möchte jedes Unternehmen Produkte hoher und höchster Qualität erzeugen. Das führt jedoch allzu oft zu einem prinzipiellen Misstrauen gegenüber Experimenten. Sie sind jedoch der schnellste Weg zum Lernen und wer sie verbannt, investiert im Zweifel zu viel Energie und Zeit, um auch die letzten 5% Fehlerquote zu eliminieren. Das ist in einigen wenigen Branchen sinnvoll, in den meisten aber nicht.

Zusammenfassung

Das NEOresilienz® Modell verortet aus unserer Sicht die wichtigsten Parameter organisationaler Resilienz und die dazugehörigen Qualitäten von Organisationen in einem fortwährenden Spannungsverhältnis und Marktgeschehen. Es lässt – wie mit einer Wasserwaage – konkrete Rückschlüsse zu, was angesichts einer konkreten Herausforderung oder Krisenlage einer stärkeren Berücksichtigung bedarf und was gleichzeitig nicht vernachlässigt werden sollte. So wird bewusst das organisationale Gleichgewicht gehalten und die Krisenfestigkeit und -kompetenz der Organisation nachhaltig erhöht.

Das NEOresilienz® Modell verortet aus unserer Sicht die wichtigsten Parameter organisationaler Resilienz und die dazugehörigen Qualitäten von Organisationen in einem fortwährenden Spannungsverhältnis und Marktgeschehen. Es lässt – wie mit einer Wasserwaage – konkrete Rückschlüsse zu, was angesichts einer konkreten Herausforderung oder Krisenlage einer stärkeren Berücksichtigung bedarf und was gleichzeitig nicht vernachlässigt werden sollte. So wird bewusst das organisationale Gleichgewicht gehalten und die Krisenfestigkeit und -kompetenz der Organisation nachhaltig erhöht.

Ihr habt Anmerkungen, Kritik oder Verbesserungsvorschläge zum NEOresilienz® Modell?

Ihr möchtet tiefer in das Thema organisationale Resilienz einsteigen und erfahren, wie man sie fördern kann?

Ihr sucht konkrete Unterstützung bei der Weiterentwicklung Eurer Organisation? Probiert auch unseren Resilienz-Quick-Check.

Ich freue mich darauf, Euch kennen zu lernen!

Herzlich,
Euer Mario